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Muss ich meine Eltern pflegen? – Ratgeber

Muss ich meine Eltern pflegen

Wenn die Mutter sich zum dritten Mal in der Woche ausgesperrt hat und auch der Vater nicht mehr gut zu Fuß ist, wird Kindern immer mehr bewusst, dass die Eltern alt werden. Kinder leiden unter den Beobachtungen, dass Mutter und Vater zunehmend ihre Selbständigkeit verlieren und auch ihr gesundheitlicher Zustand schwächen zeigt. Tritt dann der Pflegefall ein, stellen sich Kinder die Frage, wer Hilfe, Unterstützung und Versorgung leisten muss. Die Entscheidung, die Versorgung der Eltern selbst zu übernehmen oder in professionelle Hände zu geben, ist sicherlich keine einfache. Sowohl emotionale Gefühle der Verpflichtung als auch finanzielle Gründe können diese Entscheidung beeinflussen. Deshalb soll an dieser Stelle auf die Rechte und Pflichten von Kindern in Bezug auf die Versorgung der Eltern eingegangen werden sowie um Möglichkeiten der Unterstützung.

Überblick

Das Wichtigste im Überblick

  • Es gibt kein Gesetz, wonach Kinder die Pflicht haben, die Pflege von Eltern übernehmen.
  • Nach dem Gesetz darf grundsätzlich jeder selbst entscheiden, wie und wo die eigene Versorgung umgesetzt werden soll.
  • Für die Pflegekosten der Eltern müssen Kinder im Rahmen des Elternunterhaltes nur bei Überschreiten eines Bruttojahreseinkommens von 100.000 € aufkommen.
  • Angestellte Kinder können für die Organisation der Versorgung eines Elternteils unter Umständen Sonderurlaub bekommen.
  • Generell hat jeder Mensch das Recht, seinen Aufenthalt selbst zu bestimmen. Ausnahmen vom Selbstbestimmungsrecht gibt es nur bei der Gefahr der Selbst- oder Fremdschädigung.
  • Wenn Kinder die Versorgung der Eltern nicht durchführen möchten, gibt es viele verschiedene Alternativen ohne Heimeinweisung oder stationäre Unterbringung.
 
 

Bin ich verpflichtet, meine Eltern zu pflegen?

Bei Auftreten einer Pflegesituation wünschen sich Eltern in den meisten Fällen, dass die Versorgung durch einen Angehörigen oder einen Verwandten in der häuslichen Umgebung gewährleistet werden kann. Oft ist dies aus sozioökonomischen Gründen nicht möglich. Des Weiteren kann auch die Beziehung zwischen Familienmitgliedern untereinander schon vor Eintreten der Pflegesituation zu schwierig für eine kontinuierliche Versorgung gewesen sein. Langjährige Streitigkeiten oder ungelöste Konflikte innerhalb der Familie können die familiären Beziehungen belasten. 

Darüber hinaus können Angehörige auch eine räumliche Distanz davon abhalten, die Versorgung von Elternteilen zu übernehmen. Nicht zuletzt fühlen sich viele der emotionalen und physischen Belastungen durch eine Pflege nicht gewachsen Punkt sie empfinden Scham wegen der intimen und körperliche Nähe, die Pflegeaufgaben mit sich bringen. Das gilt nicht nur für pflegende Angehörige, sondern auch für Pflegebedürftige, die sich aus diesem Grund häufig für eine professionelle Pflege durch Dritte entscheiden. Eine Entscheidungshilfe kann durch gesetzliche Regelungen sowie das Abwägen von moralischen und ethischen Pflichten bieten.

 

Gesetzliche Regelungen

Kinder haben nach dem Gesetz nicht die Pflicht, sich um die Pflege von Angehörigen zu kümmern. Grundsätzlich ist niemand dazu bestimmt, die Pflege eines Familienmitglieds oder eines anderen Menschen zu übernehmen. Nach dem Grundgesetz dürfen alle Menschen im rechtlichen Rahmen ihre eigenen Entschlüsse treffen. Es gibt demnach auch kein Gesetz, wonach Familienangehörige die Pflege durchführen müssen. Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass Pflegebedürftige nicht die Pflege durch Angehörige dulden müssen. In derartigen Fällen kommt sogar der strafrechtlich relevante Tatbestand einer Nötigung in Betracht. Aus den Persönlichkeitsrechten im Grundgesetz ergibt sich das Selbstbestimmungsrecht, wonach die Würde des Menschen unantastbar ist. Bei Verletzung von Persönlichkeitsrechten kommt eine Unterlassungsklage vor dem Zivilgericht in Betracht. Eine Nötigung ermöglicht eine Strafanzeige bei der Polizei. Es ist also nicht möglich, jemanden zur Pflege von Angehörigen zu zwingen. Auf der anderen Seite muss sich auch niemand gegen den eigenen Willen von Angehörigen pflegen lassen.

 

Emotionales und ethisches Verpflichtungsgefühl

Die Frage nach der Pflege der Eltern ist häufig geprägt von der für Familien typisch emotionalen Verbundenheit. Kinder haben häufig das Gefühl, dass sie die Pflege der Eltern übernehmen müssen. Schließlich haben ihre Eltern sie als Kinder aufgezogen und während der Kindheit und Jugend nach Kräften umsorgt. Allerdings kann der eigene Beruf und Alltag eine Pflege von Familienmitgliedern auch verhindern. Haben Kinder beispielsweise bereits eine eigene Familie zu versorgen oder wohnen weiter von den Eltern entfernt, ist eine dauerhafte Pflege kaum möglich. Bei der emotionalen Verpflichtung gehen die Argumente weit auseinander: während einige der Meinung sind, dass man wegen der Pflege der Eltern das eigene Leben nicht aufgeben darf, empfinden andere die Pflege von Mutter und Vater als Chance, ihnen etwas zurückzugeben. Weitaus wichtiger sind jedoch das eigene Wohlbefinden und die eigene Gesundheit. Lässt es der gesundheitliche Zustand es nicht zu, die Pflege zu übernehmen, oder sorgen Schamgefühle und Ängste für Unwohlsein bei dem Gedanken an die Pflege, haben letztendlich auch die Eltern nichts davon.

Aus ethischer Sicht wird in Bezug auf die Pflege von Elternteilen häufig das Gebot der Nächstenliebe diskutiert. Hierbei geht es um Werte innerhalb der Familie wie beispielsweise Zugehörigkeit und die Übernahme von Verantwortung für einzelne Familienmitglieder. Besonders oft engagieren sich Frauen in der Pflege von Familienangehörigen, was wegen dem gesellschaftlichen Wertesystem auch kritisch betrachtet werden kann. Es tendieren nahezu immer Töchter und Enkelinnen dazu, die Pflege von Eltern oder Großeltern als eine Pflicht zu betrachten. Besonders die Frage nach der Pflicht von Kindern ihren Eltern gegenüber bietet viel Raum für Diskussionen. Kinder wurden schließlich nach Meinung einiger auch nicht gefragt, ob sie gezeugt und geboren werden wollten. Für Kritiker lässt das den Schluss zu, dass Kinder gegenüber ihren Eltern dementsprechend auch keine entsprechende Bringschuld haben. Bewusst oder unbewusst fließen also auch persönliche und gesellschaftliche Werte in die Entscheidung mit ein, ob die Pflege von Mutter oder Vater übernommen werden muss. Wie schon erwähnt, kann jeder nach dem Gesetz frei entscheiden.

 

Muss ich finanziell für die Pflege von Angehörigen aufkommen?

Die Kosten für Pflege sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Von der Pflegeversicherung wird nur ein Teil der Pflegekosten erstattet, weshalb Pflegebedürftige häufig trotz kleiner Rente einen hohen Eigenanteil leisten müssen. Die Leistungen der Pflegeversicherung sind in ihrem Umfang abhängig vom jeweiligen Pflegegrad, decken aber in der Regel nicht die tatsächlichen Kosten. Für die Unterstützung in der häuslichen Pflege kommt insbesondere das ab Pflegegrad 2 gewährte Pflegegeld in Betracht. Besonders hoch fallen die Kosten aus, wenn Pflegebedürftige in einem Pflegeheim untergebracht werden müssen. Natürlich stellen sich Familienangehörige dann die Frage, wer für diese Kosten aufkommt.

Sofern keine private Pflegezusatzversicherung abgeschlossen worden ist, müssen die Pflegekosten zunächst aus dem eigenen Vermögen von Pflegebedürftigen getragen werden. Kann ein Pflegebedürftiger seinen Eigenanteil nicht selbst bezahlen, wird der Ehepartner zur Zahlung herangezogen. Diesem steht jedoch ein Selbstbehalt zur Verfügung. Wenn auch dies nicht möglich ist, kann der Sozialhilfeträger die Kosten übernehmen. Unter bestimmten Voraussetzungen können aber auch Kinder zum Unterhalt der Eltern verpflichtet sein. Nach den Vorschriften zum Elternunterhalt können Kinder zur Zahlung herangezogen werden, wenn ihr Bruttojahreseinkommen die Grenze von 100.000€ übersteigt. Erwirtschaften Kinder kein so hohes Bruttojahreseinkommen, geht der Unterhaltsanspruch auf den Sozialhilfeträger über.

 

Regelungen zum Sonderurlaub für die Pflege von Angehörigen

Pflegefälle treten häufig plötzlich und unerwartet ein. Kinder wünschen sich dann, für die Eltern da sein zu können, um alles Notwendige organisieren zu können. Als sozialversicherungspflichtige Beschäftigte stehen Kindern mehrere Möglichkeiten für einen Sonderurlaub zur Verfügung, damit sie sich um wichtige Angelegenheiten in Bezug auf die Pflege kümmern können.

 

Kurzzeitige Arbeitsverhinderung & Pflegeunterstützungsgeld

Um in akuten Pflegesituationen die notwendige Pflege organisieren zu können, dürfen Angestellte bis zu zehn Arbeitstage von ihrer Arbeit fernbleiben. Während dieser Zeit haben pflegende Angehörige einen Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld. Pflegeunterstützungsgeld ist eine Lohnersatzleistung und beträgt 90 % des monatlichen Nettoeinkommens.

 

Pflegezeit & Familienpflegezeit

Pflegenden Angehörigen, die in einem Betrieb mit über 15 Mitarbeitern beschäftigt sind, steht eine Pflegezeit zu, damit sie nahe Angehörige häuslich betreuen können. Diese Pflegezeit kann bis zu sechs Monate andauern und stellt eine vom Arbeitgeber unbezahlte Vollzeit- oder Teilzeit-Freistellung dar. Hat der Betrieb weniger als 15 Mitarbeiter kann der Arbeitgeber die Pflegezeit freiwillig bewilligen. Für bis zu 24 Monate kann eine Familienpflegezeit in Anspruch genommen werden, bei der mindestens 15 Stunden pro Woche weitergearbeitet wird. Während der Pflegezeit oder Familienpflegezeit kann ein zinsloses Darlehen beim BaFzA Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragt werden.

 

Haben Pflegebedürftige das Recht, im eigenen Zuhause zu bleiben?

Aus rechtlicher Sicht ist es nicht zulässig, Personen gegen ihren Willen oder ohne Einwilligung am Verbleib in der eigenen Wohnung oder eines anderen bestimmten räumlichen Bereichs zu hindern. Wer gegen diesen Willen handelt, kann unter Umständen wegen Freiheitsentziehung strafrechtlich belangt werden. Allerdings gelten auch hier bestimmte Ausnahmen: Besteht der Verdacht, dass sich Pflegebedürftige selbst in Gefahr bringen oder durch eine Unterbringung ein bereits drohender gesundheitlicher Schaden abgewendet werden kann, kommt nach § 1906 BGB ein Antrag auf Einweisung in Betracht. Diese Zwangseinweisung in eine stationäre Einrichtung kann nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts erfolgen. Weder Angehörige oder Ärzte können die Beschlussfassung für eine Einweisung treffen. Auch Betreuer oder Bevollmächtigte mit Vorsorgevollmacht können eine stationäre Unterbringung nur in Ausnahmefällen erwirken.

Es kann also niemand gezwungen werden, in ein Alten- oder Pflegeheim zu ziehen. Ausnahmen gelten nur dann, wenn Betreuer oder Bevollmächtigte das Aufenthaltsbestimmungsrecht inne haben und das Gericht eine Unterbringung anordnet. Mietverträge kündigen und eine neue Unterbringung anordnen ist nur mit richterlicher Verfügung möglich. Pflegebedürftige haben die Möglichkeit, Beschwerde beim Vormundschaftsgericht einzulegen. Davon unberührt bleiben die rechtlichen Bestimmungen zu Schutzmaßnahmen bei psychischen Erkrankungen, Selbstgefährdung, Fremdgefährdung, volljährige Behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen.

 

Was tun, wenn ich meine Eltern nicht pflegen kann oder will?

Nach dem Gesetz gibt es keine Pflicht für Kinder, ihre Eltern zu pflegen. Oft bleibt den Kindern aber nichts anderes übrig, weil das deutsche Pflegesystem noch immer mit dem Pflegenotstand und Fachkräftemangel kämpft. Lange Wartelisten für Plätze im Heim sowie hohe Eigenanteile bei den Pflegeleistungen machen die Unterstützung der Kinder oft notwendig.

Dennoch können einige Gründe gegen die Pflege der Eltern sprechen:

  • zu hohe physische und psychische Belastung
  • schlechtes Verhältnis innerhalb der Familie
  • eigene Karriere
  • eigene Familienplanung und Zukunftspläne
 

Oft befürchten Kinder den Verlust ihrer Freiheit und die mit der Pflege einhergehende psychische Belastung. Dies gilt insbesondere dann, wenn körperlich stark beeinträchtigte oder an Demenz erkrankte Elternteile versorgt werden müssen. Es ist normal, dass Kinder sich vor der gewaltigen Aufgabe fürchten. In diesen Fällen ist es wichtig, Informationen einzuholen sowie Hilfe und Unterstützung zu suchen. Hilfreich können folgende Tipps sein:

  • Gespräche über die eigenen Ängste mit Freunden oder anderen Familienmitgliedern
  • Entlastungsangebote für pflegende Angehörige in Anspruch nehmen (Beratung durch die Pflegekasse)
  • Austausch in Online-Foren oder Gesprächsgruppen
  • Angebote für Tagespflege, Nachtpflege und Kurzzeitpflege wahrnehmen
  • Beratungs- und Hilfsangebote von Sozialverbänden annehmen
  • Informationen über finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten bei Pflegekassen, Familienämtern oder Sozialämtern einholen, da Rente und Einkommen häufig nicht zur Deckung der Pflegekosten ausreicht
 

Wer seine Eltern nicht pflegen möchte, kann nicht dazu gezwungen werden. Es gibt neben ambulanten Pflegediensten insbesondere mit der 24 Stunden Betreuung zahlreiche Möglichkeiten der häuslichen Pflege.

 

Fazit

Da die Anzahl der Pflegebedürftigen kontinuierlich zunimmt, wird die adäquate Versorgung von Pflegebedürftigen immer schwieriger. Deshalb übernehmen Kinder häufig nicht nur aus moralischen Gründen die Pflege für Elternteile, sondern fast schon „aus der Not heraus“. Eine rechtliche Pflicht zur Pflege der Eltern gibt es aber nicht. Kinder fühlen sich wegen fehlender Möglichkeiten und finanzieller Mittel sowie aus emotionaler Verbundenheit verpflichtet, die Aufgabe zu übernehmen. Die Pflege der Eltern stellt eine große psychische und physische Belastung dar. Je nach Alter und Gesundheitszustand darf dabei nicht vergessen werden, dass eine Pflege über viele Jahre andauern kann. Insbesondere die Pflege von Elternteilen mit Demenz kann Kinder schnell an ihre Grenzen bringen.

Bei Eintreten eines Pflegefalls sollten Kinder alle möglichen Informations-, Beratungs- und Unterstützungsangebote in Anspruch nehmen. Viele wissen nicht, welche Möglichkeiten ihnen zur Verfügung stehen. Pflegebedürftigkeit heißt nicht automatisch, dass Mutter oder Vater in ein Heim umziehen müssen. Im Rahmen der häuslichen Pflege kommen regelmäßige Besuche von ambulanten Pflegediensten oder eine 24 Stunden Betreuung in Betracht. Bei der 24 Stunden Betreuung der SHD Seniorenhilfe Dortmund wird nach detaillierter Beratung und Analyse der Situation vor Ort eine geeignete Betreuungskraft vermittelt, die für die Dauer ihres Einsatzes mit in den Haushalt einzieht und sich vor Ort um den Haushalt und die Grundpflege kümmert. In vielen Fallkonstellationen konnte so schon der Umzug in ein Pflegeheim verhindert werden. Gleichzeitig erfahren Angehörige die größtmögliche Entlastung, weshalb sie sich wieder auf das Familienleben konzentrieren können.

Informieren Sie sich auch auf unseren Kostenseiten, warum eine 24 Stunden Betreuung der SHD bei Pflegebedürftigen mit Pflegegrad auch aus wirtschaftlicher Sicht eine echte Alternative darstellt!