Menschen, die an Alzheimer oder einer anderen Demenzform erkrankt sind, verlieren mit der Zeit ihre kognitiven Fähigkeiten. Aufgrund der mit einer Demenz einhergehenden Abbauprozesse im Gehirn treten zunehmend Probleme beim Nachdenken, Beurteilen, Orientieren und Planen auf. In späteren Krankheitsstadien können sie auch nicht mehr kommunizieren, was normale Gespräche erst schwierig und dann unmöglich macht. Im fortgeschrittenen Stadium können sie Tagträume und Erinnerungen nicht mehr von der Realität unterscheiden, was häufig zu Problemen führt.
Es kann passieren, dass Erkrankte plötzlich bereits längst verstorbene Ehepartner oder Freunde suchen. Bekannt sind auch Vorfälle, in denen Betroffene weggelaufen sind, weil sie meinten, zur Schule gehen zu müssen. Sie befinden sich dann geistig wieder in ihrer Kindheit, können Angst oder Panik bekommen und sind nicht mehr in der Lage, sich selbst zu beruhigen. Um Erkrankten in einer derartigen Situation helfen zu können, greifen viele zur Notlüge. Doch ist es ethisch und moralisch vertretbar, Erkrankte anzuflunkern?
Das Wichtigste in Kürze
- Menschen mit Demenz verlieren kognitive Fähigkeiten, was das Denken, Orientieren, Kommunizieren in Mitleidenschaft zieht
- Bei fortgeschrittener Demenz können Kranke selten zwischen realer Welt und Erinnerung unterscheiden, weshalb sie sich oft mental und emotional in vergangenen Zeiten befinden
- Demenzbetroffene sollten nicht korrigiert, sondern durch positive Kommunikation gelenkt und abgelenkt werden
- Die Kommunikation mit Menschen mit Demenz bedarf viel Einfühlungsvermögen und Geduld, damit Informationen verstanden werden
- Pflegende Angehörige sollten sich nach der Diagnose Demenz früh um Unterstützung bei der Pflege und Versorgung kümmern
Warum korrigieren von Demenzkranken oft der falsche Ansatz ist
Menschen neigen dazu, jemand anderes zu korrigieren, wenn etwas Falsches gesagt oder getan wurde. Bei Menschen mit Demenz führen Korrekturen aber zur Verwirrung und Frustration, weil sie sich nicht mehr so gut an Informationen erinnern können und entsprechend unsicher in ihren Aussagen sind. Durch das Korrigieren werden sie also in ihrer Wahrnehmung bestätigt, dass sie etwas falsch gemacht oder gesagt haben. Das kann nachhallen und sogar dazu führen, dass sie gar nicht mehr reden.
Wie alle anderen Menschen auch möchten Demenzkranke so lange wie möglich ihre Selbstständigkeit bewahren. Durch eine Verbesserung oder sogar Maßregelung wird ihnen das Gefühl gegeben, nicht mehr fähig – sondern abhängig zu sein. Als Folge von Stress und Frust ziehen sie sich zurück und können depressiv werden.
Korrekturen können die Beziehung zu dem dementen Menschen belasten. Sie fühlen sich durch derartige Aussagen vielleicht angegriffen oder beschämt, was zu Spannungen und Konflikten führen kann. Außerdem haben Berichtigungen oft nur einen kurzfristigen Effekt. Menschen mit Demenz werden sich wahrscheinlich in kurzer Zeit wieder irren, weil sie Verbesserungen schnell wieder vergessen. Stattdessen ist es sinnvoller, die aktuelle Wahrnehmung und die Gefühle des Kranken anzuerkennen.
Im Umgang mit Menschen mit Demenz müssen Angehörige und Pflegekräfte lernen, sich auf die nachlassenden sprachlichen Fähigkeiten und die Veränderungen im Verhalten von Kranken einzustellen. Eine Demenz macht es Kranken im Laufe der Zeit unmöglich, wie früher zu reagieren oder sich an unsere Erwartungen und Bedürfnisse anzupassen.
Tipps für die Kommunikation mit Demenzkranken
Menschen mit Demenz brauchen mehr denn je ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Durch eine positive und wertschätzende Kommunikation können wir dazu beitragen, ihre Lebensqualität zu verbessern und ihnen den Alltag zu erleichtern.
Von „Nein“ zu „Ja“: Positive Kommunikation mit Menschen mit Demenz
Menschen mit Demenz erleben ihre Welt oft anders als wir. Kleine Alltagshandlungen können zu großen Herausforderungen werden. Ein einfaches „Nein“ kann bei ihnen negative Emotionen auslösen und das Selbstvertrauen untergraben. Durch das Vermeiden von negativen Formulierungen wie „Nein, das darfst du nicht …“ sollte mit positiven Botschaften kommuniziert werden, um das Gefühl von Sicherheit zu verleihen. Als positiv werden beispielsweise Fragen wie „Möchtest du lieber …?“ oder „Wie wäre es, wenn wir zusammen …?“ wahrgenommen.
Der Ursache auf den Grund gehen:
Oft steckt hinter einem bestimmten Verhalten wie der Suche nach Gegenständen oder Personen ein tieferer Grund. Fragt man einen Menschen mit Demenz direkt, warum er etwas tut, kann das zu überraschenden Erkenntnissen führen. Am Beispiel der Suche nach einem verstorbenen Familienmitglied: Statt zu sagen: „Nein, deine Mutter lebt nicht mehr“, was Angst und Panik auslöst, könnte man fragen: „Vermisst du deine Mutter gerade sehr?“
Im Idealfall werden Fragen verwendet, die mit einfachen Worten wie „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden können. So können auch kommunikationsschwache Patienten zum Ausdruck bringen, was sie denken oder fühlen. Ängste können genommen werden, wenn Betroffenen Verständnis entgegengebracht wird. Sie beruhigen sich dann wieder und widmen sich einer anderen Tätigkeit.
Suchen Demenzkranke regelmäßig bereits verstorbene Familienmitglieder oder Ehepartner, könnten Pro und Contra einer Notlüge abgewogen werden: Wer bei der Wahrheit bleibt, riskiert, dass die emotionale Wunde der Trauer jeden Tag neu aufgerissen wird. Hier könnte darüber nachgedacht werden, ein wenig zu flunkern und ausweichend mit „… ist noch bei der Arbeit und kommt später …“ zu antworten. In derartigen Fällen dient die Mogelei der Psyche von Patienten. Haben Demenzpatienten dabei aber „lichte“ Momente, könnte ihnen auf sachliche und einfühlsame Weise die Wahrheit gesagt werden. Dies sollte gleichzeitig mit einem Angebot für einen Friedhofsbesuch o.Ä. erfolgen.
Ablenkung und Beschäftigung:
Manchmal hilft das Reden nicht weiter, um eine Situation zu beruhigen. Dann kann eine einfache Tätigkeit helfen, Ängste zu reduzieren und den Fokus zu lenken. Ob es das gemeinsame Backen eines Kuchens, das Betrachten von alten Fotos oder das Vorlesen eines Buchs ist – viele unkomplizierte Aktivitäten können Betroffenen Freude bereiten. Es sollte eine Aktivität vorgeschlagen werden, die Betroffene gerne machen. Ablenkungen sind geeignet, kreisende Gedanken zu stoppen.
Ehrlichkeit und Geduld:
Lügen bringen in der Kommunikation mit Menschen mit Demenz nichts. Ehrlichkeit und Geduld sind hier die Schlüsselwörter. Auch wenn es schwerfällt: Es sollte immer versucht werden, die Situation aus der Perspektive des Betroffenen zu betrachten und Kranken mit Empathie zu begegnen.
In Gesprächen sollte auf einfache Worte und kurze Sätze geachtet werden, die besser verstanden werden können. Für etwaige Antworten brauchen Demenzbetroffene mehr Zeit, was viel Geduld erfordert.
Fazit
Wie so vieles, was den Umgang mit Menschen mit Demenz betrifft, kann auch die Frage nach der moralischen und ethischen Vertretbarkeit von Lügen gegenüber Kranken nicht pauschal beantwortet werden. Generell ist es wichtig, zu prüfen, in welchem Moment unbedingt eine Richtigstellung erfolgen muss oder ein Abweichen von der Wahrheit dem Wohl von Kranken dient. Demenzkranke befinden sich in ihrer Wahrnehmung nicht immer in der Realität. Deshalb liegt es nahe, sich in Betroffene hineinzuversetzen und sie dort abzuholen, wo sie sich gerade mental befinden. Das bedeutet auch, Betroffenen oft einfach zuzustimmen oder recht zu geben.
Außerdem sollte immer darüber nachgedacht werden, welche Wirkung das Mitteilen einer Wahrheit haben könnte. Niemand sollte sich verbiegen müssen und seine eigenen Grenzen wahren dürfen. Letztendlich muss jeder für sich selbst entscheiden, wie derartige Situationen gehandhabt werden.
In vielen Situationen fühlen sich Menschen mit Demenz unsicher und ängstlich. Aus diesem Grund suchen sie ständig die Nähe von Bezugspersonen. Insbesondere pflegende Angehörige haben oft das Gefühl, dass Betroffene an ihnen „kleben“, was sehr belastend sein kann. Auch die damit einhergehende nervliche Belastung gehört zu den Gründen, warum nicht selten gemogelt, geflunkert oder gelogen wird. Durch eine Lüge lässt es sich einfach schneller aus einer unangenehmen Situation fliehen. Lügen haben jedoch keinerlei therapeutischen Nutzen, sondern können das Gegenteil auslösen. Menschen mit Demenz sind abhängig von der ehrlichen und wohlwollenden Unterstützung und Pflege sowie dem Anspruch, mit ihrer Krankheit nicht alleine gelassen zu werden.
Für pflegende Angehörige ist eine Demenzbetreuung und Pflege über einen langen Zeitraum alleine kaum zu bewältigen. Mit der Zeit schreiten fast alle Demenzarten fort, weshalb sich der Zustand verschlechtert und gleichzeitig der Pflegebedarf erhöht. Wer sich dieser Herausforderung auf Dauer alleine stellt, läuft Gefahr eines Burnouts. Deshalb sollte möglichst früh über professionelle Unterstützung nachgedacht werden. Die Pflegekräfte der SHD Seniorenhilfe Dortmund bringen Empathie, Geduld und das notwendige Wissen im Umgang mit Demenzkranken mit. In der angebotenen 24 Stunden Betreuung findet eine 1:1 Betreuung (1:2 bei Ehepartnern) statt, was ein hohes Maß an Sicherheit gewährleistet. Das Ziel der 24 Stunden Betreuung ist der möglichst lange Erhalt der Lebensqualität in den eigenen vier Wänden – und nicht im Pflegeheim.
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