Um Leistungen aus der Pflegeversicherung beziehen zu können, müssen Versicherte zunächst einmal einen Antrag bei der für sie zuständigen Pflegekasse einreichen. Bis Ende des Jahres 2016 wurde dabei ein Antrag auf Einteilung in eine Pflegestufe gestellt. Seit Anfang des 2017 wurden durch das Zweite Pflegestärkungsgesetz (PSG II) jedoch die drei Pflegestufen in die fünf Pflegegrade umgestellt. Jetzt wird also ein Antrag auf Einteilung in einen Pflegegrad gestellt. Gleichzeitig mit der Umstellung im Jahr 2017 wurde auch ein neues Begutachtungsverfahren zur Eingruppierung in einen Pflegegrad eingeführt. Geblieben ist der Grundsatz, dass es ohne Antrag keine Leistungen gibt. Nach Antragstellung gibt die Pflegekasse das Pflegegutachten in Auftrag. Beauftragt werden bei gesetzlich Versicherten Gutachter des Medizinischen Dienstes (MD/früher MDK) und bei privat Versicherten Gutachter von der Firma Medicproof, die dann zur Begutachtung zu Antragstellern nach Hause kommen.
Durch eine Pflegebegutachtung wird zunächst festgestellt, ob Antragsteller pflegebedürftig sind. Darüber hinaus wird der Grad der Pflegebedürftigkeit festgestellt. Grundlage der Begutachtung ist das Neue Begutachtungsassessment. Mit Hilfe eines Punktesystems stellen Pflegegutachter fest, wie selbstständig sie noch sind und in welchen Bereichen Unterstützungsbedarf erforderlich ist. Anhand der daraus resultierenden Summe kann der Pflegekasse ein Pflegegrad empfohlen werden, die dieser Empfehlung in der Regel folgt. Der festgestellte Pflegegrad ist ausschlaggebend für den Umfang und die Höhe der Pflegeleistungen.
Überblick
Die wichtigsten Infos im Überblick
- Eine Pflegebegutachtung ist Voraussetzung für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit und Einteilung in einen Pflegegrad, was wiederum Grundvoraussetzung für den Bezug von Pflegeleistungen ist.
- Pflegebegutachtungen sind bei erstmaliger Beantragung von Pflegeleistungen, Höherstufungsanträgen, Widersprüchen und Überprüfungsgutachten notwendig.
- Die Begutachtung durch Gutachter vom Medizinischen Dienst findet zu Hause oder in stationären Einrichtungen statt, wobei u.U. auch telefonische oder videotelefonische Begutachtungsgespräche möglich sind.
- Über die Entscheidung in Bezug auf einen Pflegegrad ist die Pflegekasse an Fristen gebunden.
- Bei der Pflegebegutachtung orientieren sich Gutachter am Neuen Begutachtungsassessment mit sechs ausschlaggebenden Modulen (Themen)
- Zur Vorbereitung des Gutachtertermins sollten relevante Unterlagen herausgesucht und Fragen notiert werden
- Beim Gutachtertermin sollte eine Pflegeperson anwesend sein, die Fragen wahrheitsgemäß beantworten kann
Wann muss ein Pflegegutachten in Auftrag gegeben werden?
Eine Pflegebedürftigkeit kann zu jedem Zeitpunkt eintreten. Manchmal ist eine Pflegebedürftigkeit aufgrund von Erkrankungen bereits absehbar und in anderen Fällen geschieht es plötzlich – es ist für die ganze Familie ein herausforderndes Ereignis, wenn ein Mensch zum Pflegefall wird. Je nachdem, wie viel Pflege und Betreuung erforderlich ist, übernehmen häufig Angehörige die Versorgung. Sie investieren viel Zeit und Kraft, um sich um Pflegebedürftige zu kümmern. Können Familienangehörige die Pflege nicht übernehmen, wird oft ein ambulanter Pflegedienst beauftragt oder ein Heimplatz im Alten- oder Pflegeheim gesucht. Dabei gibt es noch viele weitere Möglichkeiten einer adäquaten Versorgung; beispielsweise durch eine 24 Stunden Betreuung. Und auch wenn dieses alternative Betreuungskonzept fast immer kostengünstiger ist als eine Unterbringung im Pflegeheim: Pflege kostet Geld!
Die Bundesregierung hat mit der gesetzlichen Pflegeversicherung eine Möglichkeit geschaffen, durch die pflegebedürftige Menschen unabhängig von ihrem Einkommen finanzielle Unterstützung erhalten. Um die Anspruchsgrundlagen sowie Umfang und Höhe der Leistungen korrekt ermitteln zu können, gibt die Pflegekasse ein Pflegegutachten in Auftrag. Anhand der Empfehlungen der Gutachter vom Medizinischen Dienst oder Medicproof kann die Pflegekasse dann über die Einteilung in einen Pflegegrad entscheiden.
Da die Pflegekasse durch das Pflegegutachten über den gesetzlichen Leistungsanspruch entscheiden kann, wird eine Pflegebegutachtung notwendig, wenn
- erstmals Pflegeleistungen beantragt werden
- eine Erhöhung des Pflegegrades beantragt wird
- ein Widerspruch gegen einen Pflegegrad-Bescheid eingelegt wird
- ein Wiederholungsgutachten zur Überprüfung erforderlich ist
Wie ist der Ablauf einer Pflegebegutachtung?
Die Beauftragung des Pflegegutachtens erfolgt durch die Pflegeversicherung. Zum vereinbarten Termin kommt ein Gutachter vom Medizinischen Dienst oder Medicproof nach Hause. Leben Antragsteller in einer stationären Pflegeeinrichtung, findet die Begutachtung dort statt. Vor Ort macht sich der Gutachter ein Bild vom Gesundheitszustand, stellt Fragen und gibt auch Empfehlungen ab.
Als Alternative zum Hausbesuch wurden in der Vergangenheit wegen der Corona-Pandemie auch telefonische oder videotelefonische Begutachtungen durchgeführt. Ansonsten wurden diese Möglichkeiten insbesondere bei Höherstufungsanträge oder Wiederholungsgutachten genutzt. Pflegebedürftige können jedoch telefonische Befragungen ablehnen und auf einen Hausbesuch bestehen.
Am Ende der Begutachtung steht noch kein Ergebnis fest. Gutachter erstellen erst nach dem Besuchstermin ein Pflegegutachten, das sie dann zunächst nur an die Pflegekasse schicken. Die Pflegekasse setzt auf Grundlage des Gutachtens den Pflegegrad fest. Antragsteller erhalten einen entsprechenden Bescheid, dem das Pflegegutachten beigefügt ist.
Von der Antragstellung bis zur Zustellung des Bescheides über den Pflegegrad dürfen höchstens 25 Werktage liegen. Benötigt die Pflegeversicherung länger, kommt eine Pauschalentschädigung von bis zu 70,00 € pro Woche in Betracht. Ausgenommen hiervon sind Eilanträge oder Anträge von Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2, die sich in stationärer Pflege befinden. Eine Entschädigung wird auch dann nicht geleistet, wenn die Pflegekasse die Verzögerung nicht verschuldet hat.
In besonderen Situationen muss eine Pflegebegutachtung besonders schnell erfolgen, weil das Abwarten der 25-Tage-Frist nicht zugemutet werden kann. Hier besteht die Möglichkeit von Eilanträgen, die eine Schnelleinstufung ermöglichen. Derart verkürzte Fristen gelten dann, wenn sich Betroffene bereits
- in einem Krankenhaus oder einer Reha-Einrichtung befinden und die Weiterversorgung unklar ist (eine Woche)
- in einem Hospiz oder in einer ambulanten Palliativpflege befinden (eine Woche)
- in der häuslichen Pflege befinden und Pflegepersonen gegenüber dem Arbeitgeber Pflegezeit angekündigt haben (zwei Wochen)
Welche Kriterien fließen in die Beurteilung ein?
Das Beurteilungsgespräch folgt keinem konkreten Ablaufkatalog. Allerdings müssen sich Gutachter vom MD bzw. MDK oder Medicproof zu festgelegten Bereichen einen Eindruck über den aktuellen Zustand verschaffen. Die jeweiligen Themen und Kriterien sind im Neuen Begutachtungsassessment (NBA) vorgegeben:
- Mobilität
- Kognitive Fähigkeiten und kommunikative Fähigkeiten
- Verhaltensweisen sowie psychische Problemlagen
- Selbstversorgung
- Bewältigung und Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen oder Belastungen
- Alltagsgestaltung und soziale Kontakte
In jedem Themenfeld befinden sich Unterpunkte, in denen der Gutachter die Selbstständigkeit oder den Unterstützungsbedarf feststellen muss. Manchmal geht es darum, ob Fähigkeiten noch vorhanden sind.
Die zwei weiteren Themen „außerhäusliche Aktivitäten“ und „Haushaltsführung“ werden zwar besprochen, haben aber keinerlei Einfluss auf den Pflegegrad. Diese Informationen sollen der Pflegeversicherung dabei helfen, Empfehlungen für die Pflegesituation zu finden.
Einen Sonderfall stellen Pflegebegutachtungen bei Menschen mit Demenz dar. Da zumindest zu Beginn einer Demenzerkrankung eher selten körperliche Einschränkungen vorliegen, werden Schilderungen von Menschen aus dem Umfeld zur Begutachtung hinzugezogen. Die kognitiven Einschränkungen sind häufig von der Tagesform abhängig, weshalb sich Gutachter nur so einen authentischen Eindruck verschaffen können. So haben anwesende Angehörige oder Pflegepersonen die Möglichkeit der Richtigstellung oder Erklärung.
Tipps zur Vorbereitung auf die Pflegebegutachtung
Nach Eingang des Antrags bei der Pflegekasse übermittelt die Pflegeversicherung einen Terminvorschlag zur Pflegebegutachtung. Wer an diesem Termin verhindert ist, sollte schnellstmöglich einen Ersatztermin vereinbaren.
Bei der Pflegebegutachtung sollte mindestens eine Pflegeperson anwesend sein, die bei Versorgung, Betreuung und häuslichen Pflege eine wichtige Rolle spielt. Pflegepersonen können Auskünfte zur notwendigen Hilfe und Unterstützung geben. Außerdem kann so Verharmlosung vermieden werden, die aus Scham oder Eitelkeit immer wieder auftritt. Sich seine eigenen körperlichen Defizite und Leiden eingestehen zu müssen, ist für Betroffene schwer. Aus diesem Grund werden häufig Informationen verschwiegen, die aber Auswirkungen auf das Gutachten haben könnten. Auch bei psychischen Einschränkungen ist es wichtig, dass eingebundene Personen Auskünfte erteilen können. Pflegepersonen fällt es leichter, solche Themen anzusprechen.
Im Zusammenhang mit der Pflegebegutachtung wird auch immer wieder das Führen eines Pflegetagebuches empfohlen. In einem Pflegetagebuch lässt sich der tatsächliche Pflegeaufwand festhalten. Der Gutachter wird derartige Fragen stellen, die oft schwer aus dem Gedächtnis zu beantworten sind. Generell sollten alle notwendigen Dokumente beim Gutachtertermin bereitliegen. Im Idealfall werden nur Kopien ausgehändigt, die der Gutachter vom Medizinischen Dienst oder Medicproof mitnehmen kann. Wichtig sind – sofern vorhanden – Unterlagen wie
- Berichte von Ärzten und Krankenhäusern
- Namen und Adressen von behandelnden Ärzten und Pflegepersonen
- Medikamentenpläne
- Auflistung über Hilfsmittel
- Dokumentation des Pflegedienstes
- Schwerbehindertenausweis
- ausgefüllter Fragebogen des Gutachterdienstes
Zur Untersuchung im Gutachtertermin gehören aber nicht nur Fragen des Gutachters. Er schaut sich auch die Räumlichkeiten an, um beispielsweise Barrieren zu finden. Er gibt gerne Tipps zu Themen wie Barrierefreiheit oder Hilfsmittel. Deshalb sollten dem Gutachter auch Fragen gestellt werden. Es handelt sich bei ihnen um erfahrene Pflegeexperten, die über Pflegewissen verfügen und alle Pflegeleistungen kennen. Im Vorfeld können sich wichtige Fragen beispielsweise notiert werden.
Fazit
Ein Pflegegutachten wird in Auftrag gegeben, um eine Pflegebedürftigkeit festzustellen und eine Einteilung in einen der fünf Pflegegrade vorzunehmen. Auch bei Höherstufungsanträgen und Verfahren bei einem Widerspruch können Pflegegutachten eingeholt werden. Beauftragt werden die Gutachter durch die Pflegeversicherung bzw. die Pflegekassen. Bei der Begutachtung orientieren sich die Gutachter an den sechs Modulen des Neuen Begutachtungsassessment. Der Fokus des Pflegegutachtens liegt auf der noch vorhandenen Selbstständigkeit, der Selbstversorgung und dem Bedarf an Unterstützung und Hilfe. Mit dem im NBA vorgeschriebenen Punktesystem wird am Ende der Begutachtung ermöglicht, der Pflegekasse einen Pflegegrad vorzuschlagen.
Zur Vorbereitung des Pflegegutachtens sollten alle wichtigen medizinischen Unterlagen herausgesucht werden. Auch sollte eine Pflegeperson beim Termin anwesend sein. Dies, zumal Senioren und Kranke häufig dazu neigen, ihre Einschränkungen und Defizite aus Scham herunterzuspielen. Pflegende Angehörige und Pflegepersonen können dann genau darüber informieren, bei welchen Aufgaben und Tätigkeiten Unterstützung erforderlich ist. So geschieht dies auch in der 24 Stunden Betreuung von der SHD Seniorenhilfe Dortmund: Die eingesetzten Betreuungskräfte verbringen naturgemäß viel Zeit mit Senioren und Pflegebedürftigen, da sie mit im Haushalt leben und sich vor Ort um hauswirtschaftliche und grundpflegerische Aufgaben kümmern. Deshalb wissen Sie genau, bei welchen alltäglichen Dingen ihre Hilfe erforderlich ist und können auf Wunsch entsprechende Informationen erteilen.
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