Mit dem „GdB“ abgekürzten Grad der Behinderung wird der Umfang einer Behinderung angegeben. Er drückt also auch, wie intensiv ein Mensch in seinem Alltag und Leben beeinträchtigt ist. Festgelegt wird der Grad der Behinderung nach Maßgabe des Sozialgesetzbuches auf Antrag auf Feststellung durch das Versorgungsamt oder aber das Amt für soziale Angelegenheiten. Der GdB gilt als Voraussetzung für verschiedene Nachteilsausgleiche. So gibt es beispielsweise ab einem GdB von 50 oder mehr einen Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis.
Seit dem 01.01.2009 gilt die Versorgungsmedizin-Verordnung mit den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen, die auch den GdS erläutert. Dieser bezieht sich jedoch auf den Umfang der Schädigungsfolgen und hat die frühere Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) abgelöst. Die Schädigungsfolgen sind wichtig für Entscheidungen nach dem sozialen Entschädigungsrecht sowie von gesetzlichen Unfallversicherungen.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Grad der Behinderung gibt den Umfang einer Behinderung wieder
- Beantragt werden kann die Feststellung des Behinderung GdB beim Versorgungsamt oder Amt für soziale Angelegenheiten
- Ein GdB ist Voraussetzung für verschiedene Nachteilsausgleiche
- Ab einem GdB von 50 oder höher besteht ein Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis.
- Zu den Nachteilsausgleichen gehören steuerliche Vorteile, Fahrtkostenpauschalen, Parkausweise und Vergünstigungen
- Viele Menschen mit einem GdB haben auch Anspruch auf einen Pflegegrad
Was bedeutet der Grad der Behinderung?
Der Behinderungsgrad kann als eine Art Maßeinheit betrachtet werden, die einteilt, wie umfangreich ein Mensch durch eine Krankheit oder Behinderung in seinem Alltag und Leben beeinträchtigt ist. Der GdB wird in 10er-Graden angegeben und beginnt mit GdB 20 als niedrigstem und GdB 100 als höchstem Wert. Je höher der GdB ausfällt, desto ausgeprägter ist die Behinderung. Bei der Berechnung werden eine einzelnen Erkrankungen oder Behinderungen nicht addiert, sondern insgesamt betrachtet und bewertet. Entscheidend ist, wie stark Betroffene an der Teilhabe in ihrem gesellschaftlichen Leben durch körperliche, geistige oder seelische Einschränkungen beeinträchtigt werden. Der Grad der Behinderung ist unabhängig vom Beruf, sagt also nichts über die Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz aus und auch unabhängig vom Pflegegrad. Oft haben Pflegebedürftige mit Pflegegrad jedoch auch einen Behinderungsgrad.
Bei einem Grad der Behinderung über GdB 50 wird eine Schwerbehinderung attestiert. Die Zahl des Grades drückt den Umfang der Behinderung aus. Es gibt jedoch auch zusätzliche Merkmale, die Behinderungen näher definieren. Mit einem der folgenden Merkzeichen haben behinderte Menschen Anspruch auf zusätzliche Nachteilsausgleiche:
Merkzeichen | |
G | erhebliche Gehbehinderung und Stehbehinderung |
aG | außergewöhnliche Gehbehinderung |
Gl | Gehörlosigkeit |
Bl | Blindheit oder starke Sehbehinderung |
TBl | weitgehende Gehörlosigkeit und Blindheit |
H | Hilflosigkeit im Alltag |
B | Berechtigung von Begleitperson |
RF | Befreiung oder Ermäßigung vom Rundfunkbeitrag |
T | (nur Berlin) Teilnahme am Sonderfahrdienst |
Die Kennzeichen 1. Kl., VB oder EB sind nicht so weit verbreitet, weil sie mit Kriegsschäden in Zusammenhang stehen.
Wie wird der Grad der Behinderung festgestellt?
Für einen GdB muss beim zuständigen Versorgungsamt ein schriftlicher Antrag auf Feststellung einer Behinderung gestellt werden. Viele Versorgungsämter bieten auch eine Online-Beantragung an. Durch den Antrag wird das Feststellungsverfahren eingeleitet, bei dem die Gutachter des Versorgungsamtes alle medizinischen Dokumente benötigen. Zu diesem Zweck sollten behandelnde Ärzte gegenüber den Gutachtern von der Schweigepflicht entbunden werden, sofern nicht alle Unterlagen vorliegen. Anhand der medizinischen Befunde entscheiden die Gutachter über den jeweiligen Behinderungsgrad und potenzielle Merkzeichen. Dabei handeln sie nach den Regeln der Versorgungsmedizin-Verordnung. Diese beinhaltet die unterschiedlichen Arten von chronischen Krankheiten, Beeinträchtigungen und Behinderungen sowie die Feststellung, zu welchem Behinderungsgrad diese führen.
Reichen die medizinischen Unterlagen nicht aus, können die Gutachter vom Versorgungsamt auch einen persönlichen Gutachtertermin anberaumen, zu dem Antragsteller erscheinen müssen. Zu Begutachtungsterminen dürfen Antragsteller eine Begleitperson mitbringen. Diese Vertrauensperson muss vom jeweiligen Gutachter zugelassen werden, sofern kein Gericht eine andere Entscheidung fällt.
Auch der Antrag auf Erteilung eines Schwerbehindertenausweises muss beim Versorgungsamt gestellt werden. Erforderlich ist hierfür mindestens ein Behinderung GdB 50. Mit dem Schwerbehindertenausweis können behinderte Menschen im Alltag sowohl GdB als auch Merkzeichen unkompliziert nachweisen. Es ist jedoch niemand verpflichtet, den Schwerbehindertenausweis zu beantragen.
Welche Leistungen gibt es mit einem Behinderungsgrad?
Je nach Behinderungsgrad und Merkzeichen gelten verschiedene Sonderrechte, Vergünstigungen und Steuervorteile. Durch diese Nachteilsausgleiche soll behinderten Menschen das Teilnehmen am Gesellschaftsleben erleichtert werden. Hierzu zählen:
- Behinderten-Pauschbetrag und andere Steuervorteile
- besonderer Kündigungsschutz ab GdB 30 (auf Antrag)
- bei Bedarf Anpassung des Arbeitsplatzes und technische Arbeitshilfen
- persönliches Budget für Unterstützungsleistungen
- Vergünstigungen in Freizeit- und Kultureinrichtungen
- Fahrdienste und Parkausweise (je nach Wohnort und Bundesland)
Einige Nachteilsausgleiche gelten erst ab einer Schwerbehinderung; also ab GdB 50:
- behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale und andere Steuervorteile
- ggf. verlängertes Kindergeld
- Vorteile in Bezug auf BAföG
- besonderer Kündigungsschutz
- fünf bezahlte Extra-Urlaubstage pro Jahr
- zwei Jahre früher in Rente
- höhere Sozialleistungsansprüche
- zusätzliche Nachteilsausgleiche für Sonderfälle
Nachteilsausgleiche wie die Befreiung vom Rundfunkbeitrag oder das Blindengeld hängen nicht vom Behinderungsgrad, sondern vom Merkzeichen ab.
GdB und Pflegegrad: Welche Ansprüche gibt es?
Viele Pflegebedürftige mit Pflegegrad können auch einen Behinderungsgrad erhalten, was aber nicht automatisch geschieht. Auch hier muss ein gesonderter Antrag gestellt werden.
Ein Grad der Behinderung kann Pflegebedürftigen zahlreiche Vorteile bieten. Sie profitieren zum Beispiel steuerlich von der behinderungsbedingten Fahrtkostenpauschale oder dem Behinderten-Pauschbetrag. Einsparpotenzial bietet sich auch bei Fahrdiensten und Parkausweisen.
Insbesondere Pflegebedürftige mit Pflegegrad 4 oder 5 können profitieren. Aus steuerlicher Sicht werden sie dem Merkzeichen H (Hilflosigkeit) gleichgestellt und haben auch ohne GdB einen Anspruch auf die behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale und den Behinderten-Pauschbetrag.
Widerspruch gegen Zuweisung des GdB einlegen
Wer mit der Entscheidung über den Behinderungsgrad des Versorgungsamtes nicht einverstanden ist, kann innerhalb eines Monats gegen den Feststellungsbscheid Widerspruch einlegen. Dies gilt bei Ablehnung als auch bei einem zu niedrigen GdB. Der Widerspruch selbst muss noch nicht begründet werden. Die Begründung kann innerhalb eines weiteren Monats nachgesendet werden; beispielsweise um selbst noch einmal Einsicht in die Akten nehmen zu wollen. Eine Akteneinsicht beim Versorgungsamt hilft dabei, die Erkenntnisse und Begründungen des Versorgungsamtes mit den medizinischen Unterlagen zu vergleichen. Da hierfür oft Fachwissen notwendig ist, sollte über professionelle Hilfe nachgedacht werden.
Wird der Widerspruch abgelehnt, kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Ablehnungsbescheides Klage vor dem zuständigen Sozialgericht eingereicht werden. Aber auch bei Fristversäumnis oder Unterliegen vor Gericht kann an einem niedrigen GdB noch etwas geändert werden: Sofern sich beim Gesundheitszustand etwas verändert, kann ein Verschlimmerungsantrag gestellt werden, der auf einen höheren GdB abzielt. Durch diesen Antrag beginnt das Verfahren von vorne.
Manchmal muss ein Grad der Behinderung jedoch auch ohne Antragsverfahren neu festgelegt werden. Wenn sich der Gesundheitszustand verbessert hat, was durch eine erneute Begutachtung festgestellt werden konnte, kann in einen niedrigeren GdB eingestuft werden.
Grad der Behinderung: beispielhafte Übersichtstabelle
Grad der Behinderung | mögliche Krankheitsbilder/Diagnosen (Einteilung kann variieren) |
GdB 20 bis 50 | Aphasie und Sprachverlust, Darmfunktionsstörungen, Inkontinenz, Muskeldystrophie, Osteoporose, Sialorrhoe, Hypersalvation, Farbenblindheit, ausgeprägte Sehbehinderung auf einem Auge, Blindheit auf einem Auge, Tinnitus, Schwerhörigkeit auf einem Ohr, Taubheit auf einem Ohr, ADHS, Lese-Rechtschreibstörung, Rechenstörung, Adipositas, Allergien, Arthrose, Asthma, chronische Schmerzen, Diabetes mellitus, Fatique Syndrom, hoher Blutdruck, leichte bis mittlere Krebserkrankungen, Arthritis, Zöliakie |
GdB 50 | Schlafapnoe-Syndrom, Verlust einer ganzen Hand, Verlust des Penis, ausgeprägter Diabetes Mellitus Typ 1 (Brittle Diabetes), vollständige Harninkontinenz, schwere Entstellung des Gesichts, Verlust der ganzen Nase, Tinnitus mit schweren psychischen Störungen, Artikulationsstörung (Unverständlichkeit der Sprache), Kleinwuchs z(120 cm bis 130 cm), Endoprothesen mit beidseitiger Prothese in den Knien, echte und ausgeprägte Migräne, immense Endometriose, intensive Persönlichkeitsstörungen (bsp. Borderline), erhebliche Gleichgewichtsstörungen, ausgeprägte Depressionen, Hämophilie mit ausgeprägten Blutungen, HIV-Infektion mit stärkerer Leistungsbeeinträchtigung, COPD Stufe 3 |
GdB 60 | Ausfall der Gesichtsfeldhälften, kompletter Nervenausfall, Epileptische Anfälle, affektive Psychose, Fehlen oder Ausfall von Nieren, Verlust der Gebärmutter, Sterilität, Hodgin-Krankheit, Kleinwuchs bis 120 cm, dauerhaft hormonbehandelter Prostatakrebs |
GdB 70 | Hüftkopfnekrose, Verlust des Kehlkopfes, Verlust eines Armes ab Oberarm oderEllenbogen, massive Schäden der Wirbelsäule, ausgeprägte Skoliose, schwere Hirnschäden mit psychischen Störungen, schwerste Crohn-Krankheit |
GdB 80 | Verlust beider Beine (Unterschenkel), Versteifung von Kniegelenken, Verlust eines Armes ab Schulter, beeinträchtigende Nierenfunktionseinschränkungen, ausgeprägtes Lymphödem, Mukoviszidose, Versteifung der Hüftgelenke, schwere Persönlichkeitsstörungen, Rheuma mit irreversiblen Funktionseinbußen, COPD Stufe 4, Tumorerkrankungen |
GdB 90 | Einschränkung der Lungenfunktion nach Transplantation, umfangreiche Hirnschäden mit kognitiven Leistungsstörungen (globale Aphasie), Muskelkrankheiten mit einschneidenden Auswirkungen, häufige epileptische Anfälle, reizlose Tracheostoma (Tracheitis oder Bronchitis) |
GdB 100 | Verlust beider Hände oder Arme, Verlust eines Armes und eines Beines, Lungentuberkulose, Leukämie, ausgeprägte Rückenmarkschäden, Lippen-Kiefer-Gaumenspalte mit Beeinträchtigungen, HIV-Infektion (AIDS-Vollbild), Taubheit, Bauchspeicheldrüsenkrebs |
Bei schweren und/oder chronischen Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Schlaganfall, Demenz oder Parkinson kann keine beispielhafte Eingliederung vorgenommen werden, da hier häufig mehrere Einstufungen notwendig werden.
Fazit
Menschen, die mit einer chronischen Krankheit oder einer Behinderung leben, müssen im Alltag viele Herausforderungen bewältigen. Viele sind abhängig von fremder Hilfe. Unterstützungsleistungen können Betroffene je nach Grad der Behinderung erhalten. Der GdB definiert den Schweregrad einer Behinderung, Beeinträchtigung oder Erkrankung. Hierzu zählen alle kognitiven, psychischen oder körperlichen Sinnesbeeinträchtigungen, die über einen Zeitraum von sechs Monaten hinaus zu Einschränkungen im Alltag führen. Der Grad der Behinderung wird zwischen 20 bis 100 in Zehnerschritten angegeben. GdB 100 stellt den schwersten Grad der Behinderung dar und ab GdB 50 gelten die Regel für die Schwerbehinderung. Umso höher der Grad, desto umfangreicher fallen auch die Leistungen und Unterstützungen aus.
Festgestellt wird ein GdB nebst Merkmal nur auf Antrag beim Versorgungsamt, nach dem Gutachter gemäß den versorgungsmedizinischen Grundsätzen die Auswirkungen im Alltag und die Teilhabe am Gesellschaftsleben einschätzen. Ein festgestellter Grad wird häufig bei Anträgen auf Sozialleistungen wie Eingliederungshilfen, Renten oder Schwerbehindertenausweise herangezogen. Ab einem GdB zwischen 30 und 40 können beispielsweise Gleichstellungsanträge bei der Agentur für Arbeit gestellt werden, um von einem besonderen Kündigungsschutz zu profitieren. Auch kann beim Finanzamt ein Steuerfreibetrag beantragt werden. Ab GdB 50 können Betroffene den Schwerbehindertenausweis beantragen.
Menschen mit einem Grad der Behinderung haben häufig auch Anspruch auf einen Pflegegrad, der separat bei der zuständigen Pflegekasse beantragt werden muss. Auch hier sind die Leistungen abhängig von der jeweiligen PG-Feststellung. Behinderte und pflegebedürftige Menschen sollten dennoch alle Unterstützungsleistungen in Anspruch nehmen, um beispielsweise Hilfe im Alltag wie etwa eine stundenweise Betreuung finanzieren zu können. Umso ausgeprägter Behinderungen und Erkrankungen sind, umso höher ist in der Regel auch der Unterstützungs- und Betreuungsbedarf.
Für viele Situationen empfiehlt sich eine häusliche Versorgung durch die 24 Stunden Betreuung. Bei diesem Betreuungskonzept wohnt eine vorab sorgfältig ausgewählte Betreuungskraft mit im zu betreuenden Haushalt und übernimmt dort Aufgaben in der Grundpflege, im Haushalt und im Alltag.
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